Meine Schwester Nana hat mich zum 24. Geburtstag mit Grusel-Klassikern der Literatur beschenkt: Frankenstein (bereits auf diesem Blog), Dr. Jekyll und Mr. Hyde (upcoming) und Dracula von Bram Stoker, den ich gestern zufällig genau um Punkt Mitternacht (kein Scherz) fertig gelesen habe. Ich liebe dieses Buch!!! und dafür gibt es mehrere Gründe. Doch zuvor noch ein paar kleine Infos zum Autor: Bram Stoker studierte zwischen 1864 und 1870 Geschichte, Literatur, Mathematik und Physik am Trinity College Dublin (also wenn man The Picture of Dorian Gray gelesen hat, hat man sofort ein Bild von ihm und seinem Lebensstil vor Augen, obwohl es fast schon verwunderlich ist, dass er nicht auch Philosophie studiert hat .g.). 1897 erschuf er Dracula, den "Fürst der Vampire, ein blutsaugendes Gebilde, das zum Synonym des grauenerregenden Aberglaubens vom Vampirismus wurde" (Vorwort des Romans), er erlebte den großen Erfolg seines Romans aber nicht mehr. Und was das Bild links-oben angeht: Das ist mein Lieblings-Halloween-Keks 2012 :-D "In der Türöffnung stand ein großer alter Mann. Er war glattrasiert, mit Ausnahme eines langen weißen Schnurrbarts, und war von Kopf bis Fuß schwawrz gekleidet." "Sein Gesicht wurde von einer kräftigen - sher kräftigen - Adlernase mit hohem Nasenrücken und seltsam geschwungengen Nüstern beherrscht." "Der Mund war, soweit ich ihn unter dem dichten Schnurrbart sehen konnte, scharf geschnitten und zeigte einen fast grausamen Ausdruck, der durch merkwürdig spitze weiße Zähne, die über die Lippen ragten, unterstrichen wurde." |
Warum hat mir dieses Buch also so gefallen: Zum einen schon mal, weil Jonathan Harker (der Roman besteht nur aus Tagebuchaufzeichnungen und Briefwechsel) auf den ersten Seiten seines Tagebuches auf dem Weg nach Transsilvanien so oft vom 'Paprika-Hendel' schwärmt, dass er sofort sympathisch ist :-) (+) Die Beschreibung der 'Völker' und Charakterzüge der Akteure ist eine sehr unterhaltsame Mélange aus 'steinzeitlichen' Vorurteilen, geschichtlichen Fakten und blumigen Beschreibungen. "Die Bevölkerung von Transsilvanien besteht aus vier verschiedenen Nationalitäten: Im Süden siedeln Sachsen und unter sie gemischt Walachen, die Abkömmlinge der Dazier; im Westen wohnen Magyaren und im Osten sowie im Norden die Szekeler. Ich begebe mich unter die letzteren, die ihre Herkunft auf Attila und die Hunnen zurückführen." S.10 "Die fremdartigsten Gestalten, die wir sahen, waren die Slowaken. Sie sahen noch wilder aus als die übrigen Landesbewohner, mit ihren großen Hirtenhüten, den weiten, sackartigen und schmutzigweißen Hosen, den weißen Leinenhemden und den riesigen, schweren Ledergürteln (...) Auf der Bühne würden sie sofort als altorientalische Räuber durchgehen. Sie sind jedoch, wie man mir berichtete, sehr harmlos und es fehlt ihnen durchaus an natürlicher Selbstbehauptung." S.12 (+) Spannung Als Leser würde man sich eine kleine Einleitung, eine kleine Vorgeschichte erwarten. Aber nein, nach ein paar Seiten ist man mitten im Geschehen und kriegt fast die Krise, wenn an den spannendsten Stellen Szenenwechsel stattfinden. (+) Graf Dracula Schon nach Kurzem ist dem Leser und auch Jonathan Harker klar, dass er ein Gefangener von Graf Dracula ist und er in Lebensgefahr schwebt. Graf Dracula macht ihm das auch unverschönt bewusst, bedient ihn jedoch stets als Gast und lässt nicht einmal ein unhöfliches Wort über die Lippen kommen. Er ist unheimlich stark, unheimlich schlau, unheimlich elegant und wirklich unheimlich! (Und während Werwölfe die Cullens und Volturis ins ewige Nichts schicken können, befehligt Dracula diese *wuhahaha*) (+) Dr. Van Helsing wird als Arzt zu Hilfe gezogen. 'Dracula' scheint der Startschuss seiner 'Vampire Hunter' Karriere gewesen zu sein :-) |
(-) Frauendarstellung und Ohnmachtszenen Es war eine extrem spannende Stelle in der Erzählung von Jonathan Harker, als der Briefwechsel zwischen seiner Freundin und Lucy Westenra begann und mir übel wurde: "Meine Liebe, ein Unglück kommt selten allein - wie wahr sind doch diese alten Sprichwörter. Hier sitze ich, werde im September zwanzig und hatte bis heute noch keinen Heiratsantrag bekommen, nicht einen ernst zu nehmenden Heiratsantrag. Heute aber habe ich drei auf einmal erhalten!" Als Dame guten Hauses hatte man mit 20 also schon äußerst ernsthafte Probleme! Aber es sind Fortschritte zu sehen. Während in 'The Picture of Doran Gray', das 1890 veröffentlicht wurde, die Dame von Welt am besten hübsch und dumm zu sein hatte, wurde in 'Dracula' , das 1897 publiziert wurde, eine Frau, die einfachste Schlussfolgerungen nachvollziehen konnte, bereits als 'mit dem Verstand eines Mannes ausgestattet' gelobt. Ich fand dazu ein Bild aus einer Wirtschaftsgeschichtevorlesung (vor 1.5 Jahren) sehr passend bei dem Lady London den Kindern der Themse gegenübersteht: Cholera, Diphtheria und Scrofula. |